CERAMIC WORLD EXPO - Icheon, Südkorea - 2001
Keramik gehört zu den ältesten Kulturtechniken der Menschheit und die vielen keramischen Fundstücke illustrieren gleichsam die Geschichte der Menschwerdung. Die Plastizität des Materials wurde früh erkannt, vielfach genutzt und die Ergebnisse verwandelten sich durch den Brand zu haltbaren Gefäßen und Zeugnissen der Zivilisation.
Die drei großen Platten dokumentieren den Abdruck eines Ganzkörpers und die Bewegungsabfolge beim Aufprall. Ich und einmal eine Freundin, wir ließen uns in ein vorbereitetes, weiches Tonbett fallen. Die so geschaffenen Fossilen verweisen auf die Verletzbarkeit und die Sehnsucht nach Beständigkeit der menschlichen Existenz.
Das Abformen von Strukturen, Gegenständen und Körperteilen mit Ton ist eine sehr gebräuchliche, bis in prähistorische Zeiten zurückreichende Technik. Damit lassen sich gewissermaßen Dokumente herstellen, authentische Erinnerungsstücke, die durch nachfolgendes Brennen gegen jegliches Löschen resistent sind.
So ist es eine beliebte Kindergartenpraxis mit Hand- und Fußabdrücken der Kinder in Ton den Eltern eine Freude zu bereiten. Schon ein Jahr später passt das Händchen nicht mehr in die Vertiefung und alle bestaunen die Entwicklung des Kindes und freuen sich darüber. Es sind hinterlassene Spuren, die greifbar sind im wortwörtlichen Sinn. Den flüchtigen Spuren im Sand wollte der Mensch schon immer habhaft werden. Aber der Wind streicht darüber, das Meer kommt zurück und bald erinnert nichts mehr an dieses Zeichen menschlicher Präsenz.
Die Spuren im Sand sind eine Metapher für die Vergänglichkeit des Lebens. In ihnen wie auch in dem Streben nach ewiger Jugend und Schönheit drückt sich die Angst vor dem Sterben aus. Dem stellt der Mensch seinen Gestaltungswillen entgegen. Grob vereinfacht könnte man sagen: Jede bildliche Darstellung ist ein Versuch gegen das Vergehen. Die Jahrtausende der Kunstgeschichte sind ein Bollwerk gegen die Vergänglichkeit.
Man könnte das Abformen mit Ton als eine archaische Form der Fotografie bezeichnen, oder die Fotografie als das zeitgenössische Medium einen Moment, ein Ding, ja eine Bewegung zu fossilieren.
Wie in vielen anderen Fällen, so hat vielleicht auch hier der Mensch daraus gelernt. Denn Beobachten und darnach Handeln sind die zivilisatorische Meilensteine. Alle Menschenkulturen dieser Erde haben wahrscheinlich fossile Funde gemacht. Auch heute ergreift uns noch ehrwürdiges Staunen vor diesen Fragmenten in denen die Daten der Erdgeschichte eingeschrieben sind, wie wohl wir dank moderner Wissenschaften nachvollziehen können, wie sie entstanden sind.
Wie fossile Abdrücke von den jeweiligen Kulturen gedeutet worden sind, wissen wir nicht genau. Es könnte auch sein, dass solche Fundstücke unsere Vorfahren animierten, selber Abformungen, Vervielfältigungen, Beweismittel, ja, Abschreibungen her zu stellen. Aus dieser fragmentalen Körperabschreibung entwickelte sich später das Zeichen.
Die Abstraktion der Dreidimensionalität führt zum Relief und schließlich ist es nur mehr der Farbkörper, der im grafischen Gestus die Körperhaftigkeit definiert. Eine Reduktion des Körpers zum Zeichen und in weiterer Folge zur Schrift als Ergebnis zur Entwicklung hin zu einer mannigfachen Kommunikationskultur.
Aus dem abformenden Tonbatzen entwickelte sich die Tonplatte und ein dünnes Tonplättchen, das Ostraka war die Ahnin des papierenen Blattes. Schon im alten Ägypten wurden darauf Informationen geschrieben, Verträge geritzt und Notizen gemacht.
Die Keramik als Medium nimmt ihren Speicherplatz ein zwischen der Monumentalität, die Zeichen in Stein zu meißeln, der Flüchtigkeit des Papiers und der Absenz in der virtuellen Welt; als ein haptisches Dokument das entsprechend seines Gewichtes die Bodenhaftigkeit nicht verliert und doch eine gewisse Mobilität besitzt.